SEVAK ARAMAZD, "UNVERSCHLOSSENER KREIS"

KUNST DES UNMÖGLICHEN

  

Die russische Kultur, deren Gipfel schon immer im Himmel der „Weltoffenheit“  hervorragen, hat sich schon längst die Perlen der armenischen Dichtung in der Übersetzung berühmter russischer Dichter zu eigen gemacht.

 

Im Jahre 1916, in der für Armenien tragischsten Zeit des Völkermordes, erscheint die Anthologie „Dichtung Armeniens von uralten Zeiten bis zu unseren Tagen in der Übersetzung der russischen Dichter“,  unter der Redaktion und  mit der Einführung  von W.J. Brjussov in Moskau. In seinem  Beitrag, der das Buch eröffnet, präsentiert er den aufgeklärten russischen Kreisen die armenische Literatur als „kostbaren Beitrag Armeniens zur allgemeinen Schatzkammer der Menschheit“, als „echten Triumph des armenischen Geistes in der Weltgeschichte“.

 

Dichtung ist  ein nicht allen zugänglicher Luxus. Ihre Schätze sind manchmal vergraben oder versenkt, doch in irgendeiner wunderbaren Weise werden sie plötzlich entdeckt und kehren zurück. Und das vor allem dank Dichter-Übersetzern.Die Sprache der russischen Übersetzung stellt einen der Luftwege zum Weltleser dar.

 

Es ist wunderbar, dass heute talentvolle Übersetzer in Armenien tätig sind, die aus der Sprache der armenischen Dichtung in die Sprache der russischen Dichtung übersetzen. In diesem Fall handelt es sich um das Buch des tiefen, starken, metaphysischen Dichters Sevak Aramazd.

Er ist Germanist, lebt und arbeitet in Deutschland, wo seine armenische Mentalität  in natürlicher Weise durch geistige Praxis an den Strömungen der Weltkultur, Philosophie und Religion teilhaftig ist. Dies ist eine große, schwierige Bewährungsprobe des Schicksals und ist nichts für Schwache und Eitle.

 

Die Dichtung von Sevak Aramazd ernährt sich von epischen Motiven, bewegt sich in Sprüngen und Kreisen - von Gedichtzyklus zu Gedichtzyklus - und  bringt seine lyrisch-philosophischen Mythen mit ihren immerwährenden Wesenheiten und Kraftfeldern magnetischer Stürme hervor, die direkt oder indirekt auf die menschlichen Seelen und ihre Schicksäle Einfluss nehmen. Alles ist dort vielschichtig, wie in der echten Tiefe und Dichte des Wassers, und nicht wie an der glatten Oberfläche. Auf jeden Schritt und Tritt begegnet man dort den großgeschriebenen Begriffen und Wesenheiten, was für die russischen Leser ungewöhnlich ist (obschon es häufig in der religiösen Dichtung  vorkommt), aber ihren Platz schon immer in der Weltdichtung hat.

 

In der ausländischen Übersetzungspraxis wird die gereimte Dichtung zumeist reimlos wiedergegeben. Doch die hohe Schule der russischen künstlerischen Übersetzung handelt dabei anders. Die Übersetzer von Sevak Aramazd haben eine unglaubliche Aufgabe bewältigt, indem sie die Gedichte eines großen, niemandem ähnelnden und sich niemandem anbiedernden Dichters übersetzt haben. Das Lesen derartiger Dichtung setzt eine intellektuelle Arbeit voraus.

 

Es ist bekannt, dass die Übersetzung von Dichtung mit allen Intonationen und inhaltlichen Nuancen des dichterischen Wortes im Prinzip unmöglich ist. Aber wenn hier mit einem Anflug von Humor an den gängigen Spruch erinnert werden darf, dass die Politik „Kunst des Möglichen“ wäre, dann  muss man ehrlicherweise zugeben, dass die Dichtung die Kunst des Unmöglichen darstellt.

 

Und das Buch von Sevak Aramazd ist eine solche Dichtung und eine solche Kunst. 

                                                                                                                                                           YUNNA MORITS

                                                                                                                                                               

   (Aus dem Russischen übersetzt von S.A.)                       


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